Last Updated on 04/01/2017 by Lea
Stille. Wäre da nicht das stetige Schleifen und regelmäßige Klicken des kleinen Tellerliftes am Uferrand, wäre es komplett still. Keine Autobahn, keine Kirchturmglocken, kein gar nichts. Einfach nur Stille. Und wir. Mit unseren Eisangeln am zugefrorenen Gålåvannet See. Mitten in Norwegen, circa eine Stunde von Lillehammer entfernt.
„We drink a lot of coffee when we go ice fishing. A lot.“ John Ola, unser Guide, meint es ernst mit dem Kaffee und schenkt uns kräftig ein. Der norwegische Kaffee ist zwar nicht der stärkste, wärmt aber. Und für eine Weile ist er eine gute Nebenbeschäftigung. Denn eins ist mir nach den ersten zehn Minuten bereits klar: vollkommen konzentriert mit einer kleinen Angel über einem ca 10cm großem Loch zu stehen erfordert Übung.
John Ola hat Übung. Einmal war er mit seinem Vater bei -42 Grad Eisfischen. Das ist die kälteste Temperatur, an die er sich hier erinnern kann und John Ola wohnt bereits seit über 15 Jahren in Gålå. Manchmal fangen sie bis zu 40-50 Fische am Tag beim Eisfischen. Heute sieht es hingegen schlecht aus. Es ist kalt. Zu kalt. Das finden auch die Forellen, die energielos am Boden des Sees treiben und offenbar keinen Gusto auf unsere lebenden Würmer haben. Dabei haben wir sie mit so viel Liebe und Überwindung auf die Haken gesteckt.
Wir haben sogar versucht zu schwindeln. John Ola verrät uns, dass er die Löcher die letzten Tage über mit alten Käseresten gefüttert hat, in der Hoffnung die Fische so anzulocken. Wir lassen also unsere Angeln bis auf den Boden hinab und ziehen sie dann einen knappen Meter wieder empor. Im Idealfall müsste der Köder jetzt genau in Augenhöhe der trägen Forellen baumeln. Damit wir ihre Aufmerksamkeit erregen ziehen wir die Angel alle zwei Sekunden ein wenig an. Anziehen und fallen lassen. Anziehen und fallen lassen. Immer schön mit Gefühl.
Als morgens wir an den See kommen schneit es. Es hat immerhin „nur“ -19 Grad und soll wärmer werden. Wird es aber nicht. Und der Kaffee im Becher ist auch schon wieder alle. Also füllen wir eine Runde Kaffee für uns und eine Runde Haferflocken in die Löcher für die Fische nach. Vielleicht locken die sie ja aus dem Hinterhalt.
John Ola hat einen Bohrer mitgebracht. Mit dem lernen wir nun Löcher zu bohren. Das geht im Prinzip ganz einfach. Man setzt senkrecht an und dreht bis man auf Wasser stösst. Bloß nicht stoppen, denn dann verliert man an Geschwindigkeit und muss sich erst neu eindrehen. Einmal war ein Fisch so groß, dass er nicht durch das Loch gepasst hat, erzählt John Ola. Da mussten sie ein zweites daneben bohren um den Fisch aus dem See zu bekommen. Wir bohren also was das Zeug hält und schaffen drei schöne, neue Löcher. Über einen Meter tief sind diese Löcher, das geht sich mit dem Bohrer gerade noch aus. Die Löcher sind so tief und dunkel, dass ich nicht mal meine GoPro hineinstecken möchte.
So stehen wir einige Stunde und warten. Ab und zu schöpfen mit einem Schöpflöffel das frische Eis im Loch und reden dem Loch und uns gut zu. Irgendwann hören wir ein lautes Knacken, die Eisoberfläche ist wohl wo ein Stück aufgerissen. Aber bei über einem Meter Eisschicht muss man sich da keine Sorgen machen. Später kommt sogar noch die Sonne heraus und wir stehen einfach nur da und genießen die Sonnenstrahlen auf der Haut. Ob das wohl die Fische nach oben lockt?
Immer der Sonne entgegen.
Doch weder die Sonne noch der einsetzende Schneefall können die Fische heute aus den Löchern locken. Und so ziehen wir erfolglos wieder von Dannen, im Hotel wartet ein Mittagessen auf uns. Dabei hätte ich so gerne selbst gefangene Fische gegrillt. Aber da muss ich nun durch, es wird bestimmt nicht das letzte Mal sein, dass ich Eisfischen war. Ein letzter Blick zurück auf den See, der nun wieder komplett leer und eine einzige, weiße und menschenleere Oberfläche ist.
Offenlegung: Danke an Innovation Norway für die Einladung. Alle Meinungen und Erfahrungen bleiben wir immer meine eigenen.
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