Last Updated on 08/10/2019 by Lea
Zweitagestour auf die Zugspitze: durch das Höllental auf den höchsten Berg Deutschlands
Der Weg ist das Ziel
Als ich vor ziemlich genau zwei Jahren um 6:00 morgens am Gipfel der Zugspitze stand, empfand ich vor allem eins: Respekt. Respekt vor allen, die es hierher zu Fuß schaffen. Langsam ging die Sonne über den Gipfeln der Alpen auf und beleuchtete die Tibetischen Gebetsflaggen am Gipfelkreuz, zu dem ich und 2-3 andere über den kurzen Klettersteig geklettert waren. Es war der bequemste Gipfel auf dem ich je stand und irgendetwas fühlte sich falsch an. Ich hatte getrickst und war mit der Seilbahn aufgestiegen. Ich wusste, ich hatte das Gipfelkreuz nicht verdient.
Der lange Weg
Als ich die Einladung bekam auf einer Touren, die die Mammut Alpine School anbietet als Bloggerin mitzukommen, war die Zweitagestour auf die Zugspitze eine logische Wahl. Der höchste Berg Deutschlands, und diesmal über den Klettersteig. Dass zwischen Parkplatz und Gipfelkreuz 2200Höhenmeter Aufstieg und ca 9,5km lagen war mir egal. Ich wusste, jetzt oder nie. Dass zwischen den Klettersteig-Passagen auch noch ein Gletscher lag, muss ich gestehen habe ich erst einige Tage vor der Tour entdeckt. Es ist eine gewisse Bequemlichkeit, die schnell aufkommt, wenn man eine Bergtour nicht selbst plant, sondern sich einer durch mit einem Bergführer geführten Tour anschliesst. Bequemlichkeit und ein Gefühl der Sicherheit. Und das ist richtig und gut so.
Die meisten gut erschlossenen Gipfel findet man online wieder. Routenbeschreibungen, YouTube Videos von zwei bis 30 Minuten mit Volksmusik oder dramatischer musikalischer Untermalung, wie bei diesem Prachtexemplar, bei dem mein Herzschlag immer noch in die Höhe geht. Der Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Es ist kein Berg für Anfänger, kein Berg den man unterschätzen sollte, es ist ein langer Weg und man muss fit sein, aber es ist auch ein gut versicherter Klettersteig und Kletterprofi muss man dafür noch lange keiner sein.
Treffpunkt ist der Parkplatz in Hammersbach, am Anfang des Wanderwegs zur Höllentalklamm. Mit dabei: David unser Bergführer und zwei deutsche Weggefährten, die bereits beim Einwinken des Autos (einer vorne, einer hinten) professionell an die Sache rangehen. Noch vor dem Wanderweg lassen wir das erste kühle Bier links liegen und wandern gemütlich zur Höllentalklamm-Einstiegshütte. Die Klamm ist wunderschön, angenehm kühl an diesem heißen Sommertag und voller Menschen. Hier will jeder irgend etwas, hinauf, hinunter, ein Foto oder sein Kind festhalten. Wir wollen hinauf, zu unserem Bierstopp, der mit dem Wegweiser zur Höllenangertalhütte auch schon angeschrieben ist.
Die Höllenangertalhütte, ist eine Hütte, wie sie im Buche steht. Alt, urig, herzliche Hüttenwirte und Matratzenlager, bei dem einem bereits beim Anblick der Schlaf abhanden kommt. Es ist eine beliebte Hütte und die Schlafräume sind alle restlos ausgebucht, trotzdem kommt beim Abendessen eine gute Stimmung auf und wir lernen eine Wienerin und einen Griechen, der seit langem in Wien lebt, kennen. Gemeinsam rätseln wir, wie wohl die Randkluft morgen aussehen wird, wann wir am besten los starten und ob es wohl am Klettersteig zu einer Massenkarambolage kommen wird. Es ist eine einfache Rechnung: 80 Betten hat die Hütte, die meisten der Gäste nehmen morgen wohl den Gipfel in Angriff. Das bedeutet für uns 5:00 Frühstück und danach baldiger Abmarsch.
Update: Die Hütte wurde 2013 abgerissen und 2014/15 neu gebaut!
Die Nacht vergeht mehr schlecht als recht und ich stehe auf mit dem Gefühl immer noch auf Schlaf zu warten. Ich könnte schwören ich habe keine Sekunde geschlafen. Mal schnarchte der eine, mal der andere, mal ging einer aufs Klo und vor allem wurde ich keine Spur schläfrig. Gedanklich war ich hingegen eifrig, bin ich den Anstieg bereits mehrere Male gegangen und als es halb 5 ist stehe ich auf, wie als wäre ich ausgeschlafen. Meine Fersen werden zugeklebt, ich schlüpfe in meine lange Thermohose und den Klettergurt. Im Gastraum wartet ein herrliches Birchermüsli auf uns und ein starker Kaffee. Und dann kann es los gehen.
Noch im Dunklen verlassen wir die Hütte und gehen langsamen Schrittes ans Ende des Tals, hier warten Leiter und Brett auf uns – der erste Klettersteig. Die Sonne ist bereits über den Berg und leuchtet uns den Weg. Es geht gut voran und das gute Wetter sorgt für gute Laune. Leiter und Brett stellen sich als spektakulär aber einfach zu gehen heraus und schwupp-di-wupp haben wir einiges an Höhenmeter gewonnen und können zufrieden ins Tal blicken, wo nun die Massen von der Hütte aufbrechen.
Der nächste Wegabschnitt führt über Felsen, Grasflecken und vorbei an bunten Blumen, bis sich das Geröllfeld vor uns auftut und wir wenig später am Fuße des Gletschers stehen. Wir legen unsere Steigeisen an und überqueren am Seil die Schnee und Eismassen. Wir gehen festen Schrittes am Seil in kurzen Abständen. Es ist kein schönes Gefühl und ich bin froh, dass wir zügig gehen und den Gletscher schnell überquert haben. Am Ende des weißen Weges wartet die Randkluft auf uns.
In diesem Jahr ist der Gletscher bereits soweit von der Felswand geflüchtet, dass wir zum oberen Einstieg des Klettersteiges gehen. Hier kommt man in einigen Schritten zum Seil und hinauf auf die Wand. Die Steigeisen geben dem Ganzen für mich das Gefühl wir sind hier auf einer kleinen Expedition. Der Herr in der Jeans mit Stock und Hut, der uns ohne jegliche bergtaugliche Ausrüstung überholt, relativiert das ganze jedoch schnell wieder.
500 Höhenmeter sind es vom Gletscherende bis zum Gipfelkreuz und sie werden mit den Stunden immer länger. Länger und länger und mein Schoko-Müsliriegelvorrat immer weniger und weniger. Bis es dann knapp unterm Gipfel einen Ausgleich gibt: ich habe keinen einzigen Müsliriegel mehr, aber auch nur mehr 50 Meter zum Gipfelkreuz.
Am Gipfel angelangt müssen wir doch tatsächlich warten, denn das Gipfelkreuz ist auch heute heiß begehrt von Besuchern, die von der Plattform hinüber klettern. Nur dieses Mal bin ich der Exot, der es zu Fuß hierher geschafft hat. Und, ich habe es verdient.
Tourdetails:
1. Tag Hammersbach – Höllentalklamm (Eintritt 1€ für AV Mitglieder, 4€ normal) – Höllenangertalhütte zur Übernachtung, bis hierher sind es 2-3 Stunden, je nach Schritttempo und Pausen in der Klamm. Übernachtung mit Abendessen und Frühstück (beides sehr gut): 37€ mit AV-Ausweis.
2. Tag Leckeres Frühstück auf der Höllenangertalhütte – Leiter & Brett Klettersteig – Anstieg zum Höllenfernergletscher – Gletscherquerung (zur Zeit nur mit Steigeisen empfohlen) – Schlüsselstelle Randkluft – Klettersteig zum Gipfel. Ca 5-7 Stunden – wir haben in der Gruppe 6,5 gebraucht. Talfahrt mit der Seilbahn (29€). Wasser gibt es bis zum Gletscher immer wieder im Fluss zu holen, wir haben es von der Hütte mitgetragen.
Idealerweise kombiniert man die Tour mit ein paar Tagen Erholung in der Zugspitz Region, schließlich gibt’s in der Region noch einiges mehr zu entdecken.
Vom Deutschen Alpenverein gibt es eine gute Broschüre mit Infos zu den unterschiedlichen Wegen auf die Zugspitze, aktuelle Weg-Updates auf der Website der Höllentalangerhütte (ab Herbst wegen Umbau geschlossen). (Von 7. bis 9. September 2013 gibt es sogar noch Plätze für die geführte Tour der Mammut Alpine School auf die Zugspitze)
Tipp: Detaillierte Infos zum Klettersteig und zu weiteren schöne Klettersteigen in Bayern gibt es online beim Bergzeit Magazin zu finden!
Danke an Bergfreunde.de und die Mammut Alpine School für die Einladung auf die geführte Zweitagestour. Danke auch an David Pitschmann, unseren Bergführer, der uns und den Berg immer sehr gut im Auge hatte und für den einen oder anderen Ohrwurm unterwegs gesorgt hat.
Wow, tolle Wanderung und Erzählung! Die Zugspitze steht bei mir auch ganz oben auf der Bucket List.
Hallo … super Geschichte und klasse Fotos. Muss ich unbedingt auch mal machen!
Gruß Krissi