Last Updated on 18/01/2022 by Lea
In der Schweiz gibt es ein ganz besonders ausgefallenes Wanderangebot: die Buiräbähnlisafari in Engelberg. Mit den urigen Seilbähnli der Bauern (Buirä) werden mehrere Wegstrecken rund um Engelberg verbunden. Insgesamt sind es rund 20 Wanderstunden, die in mehreren Tagen abgegangen werden können. Aber auch einzelne Tagesetappen sind dank guter Anbindung mit Bus und Bahn möglich. Wir waren zwei Tage unterwegs auf zwei recht unterschiedlichen Abschnitten. Mit im Gepäck: die Kamera, ein Klettersteigset und natürlich auch immer ein paar Stück Schweizer Schoggi. Denn die, macht jede Wanderung zu einer guten Wanderung!
Tag 1 Engelberg – Alp Zingel – Eggendössli – Grafenort
Transfer mit Bahn und Bus von Grafenort nach Wolfenschiessen und mit dem Bus weiter zur Bahn in Oberrecken.
Bannalp Luftseilbahn – Übernachtung auf der Oberfeld Alpe
Der erste Teil der Wanderung geht von Engelberg los. Schnell zweigen wir von der Straße ab, wandern auf Forststrassen und überqueren die ersten Kuhweiden. Das Geräusch der bimmelnden Kuhglocken ringsum wird uns die nächsten Tage stets begleiten. Hinter einer Wegzweigung stehen einige Jungtiere, es sind Stiere, bei einer Hütte und schauen uns interessiert an. Wir verfolgen die Strategie: bloss nichts anmerken lassen und zügig weitergehen. Also machen wir uns flotten Schritts von dannen. Doch wo ist eigentlich die nächste Wegmarkierung? Fehler Nummer eins: vor lauter Kühen haben wir den Weg verloren.
Mittlerweile haben sich aber auch die jungen Stiere aufgemacht uns bei der Wegsuche behilflich zu sein. Dafür brauchen wir uns gar nicht umdrehen, wir können sie hören. So richtig scharf auf eine Begegnung mit der gesamten Meute sind weder Kathi noch ich, also steuern wir nun bergauf, wo wir den Weg vermuten. Leider ist da kein Weg, aber ein Zaun verspricht eine permanente Distanz zu den Tieren. Wir klettern über den Zaun, verschnaufen kurz und stehen irgendwo im Wald. Mittels Schweiz Mobil App (Wanderkarte & GPS) ermitteln wir unseren genauen Standort und steigen zum Weg auf. Die ersten Stunden sind bereits abenteuerlicher als erwartet.
Die Erfrischung auf der Alp Zingel kommt eine Dreiviertelstunde später gerade recht. Zwei große gespritzte Most (Apfelwein, alkoholfrei) munden exzellent, schlagen sich allerdings mit stolzen 6,50 CHF pro Glas zu Buche. Wenn man das nicht gewöhnt ist, fällt man bei den Preisen doch schnell vom Hocker. Die nette Dame wünscht uns noch einen schönen Tag und erkundigt sich nach dem Wetter für die nächsten Tage. Radio hätte sie zwar, aber sie hat es schon lange nicht mehr aufgedreht.
Und genau so sind wir innerhalb von nur zwei Stunden von dem modernen, touristisch gut erschlossenem Engelberg Mitten im urigen und herkömmlichen Alltag auf der Alp gelandet. Ein letzter Anstieg in der Mittagshitze steht uns noch bevor, dann erreichen wir die nächsten Hütten und einen spiegelglatten Bergsee. Schweizer Bergidyll par Excellence. Und am Wanderweg? Nur wir.
Es ist nochmal ein ganzes Stück bis wir unsere erstes Buiräbähnli erreichen. Vom Eggendössli geht es hinab ins Tal. Als wir die Bergstation erreichen, eine einfache Holzhütte, kommt uns diese sehr geschlossen vor. Niemand zuhause. Oder… oder etwa doch? Wir drücken zögerlich die Klinke hinunter. Und siehe da, da ist sie ja. Die blaue Kabine der Seilbahn steht in der Hütte und hat die Türe offen. Wir steigen also ein und nehmen den Hörer in die Hand. Per Anruf wird die Seilbahn gestartet, die Tür schließen wir selbst.
Es geht also bergab und das in der kleinen Kabine. Etwa bei der Hälfte müssen wir umsteigen in eine andere Bahn und einer älteren Bäuerin unsere Tickets geben. Sie startet die nächste Seilbahn für uns und diesmal geht es etwas ruckeliger zu. Der Abhang über den die Bahn fährt ist enorm hoch, der Ausblick dafür phänomenal. Nichts für schwache Nerven, aber ein richtiges kleines Abenteuer für alle anderen.
Wir steigen aus, diesmal ist wieder niemand hier. Was für ein Erlebnis. Und wieviele Höhenmeter wir uns, und unseren Knien, damit doch gespart haben. Die Bahnen werden übrigens auch heute noch verwendet um Schulkindern ins Dorf zu bringen oder abgelegene Hütten zu erreichen.
Die nächste Etappe erreichen wir mit einer kurzen Bahnfahrt und einem Bus. Bergauf geht es diesmal mit einer etwas, wenn auch nicht viel, größeren Seilbahn. Die „Luftseilbahn Fell – Chrüzhütte Bannalp“ bringt uns in Windeseile auf 1717m. Von hier hat man einen wunderbaren Ausblick auf den Bannalpsee, der blau leuchtet. Vor der Chrüzhütte, einer urigen kleinen Hütte, spielen zwei flauschige, graue Kätzchen. Ich bin mir sicher, dieser Ort wurde schon einmal als Bilderbuchvorlage verwendet.
Bannalpsee und Alpe Oberfeld
Gegen 6 Uhr abends treffen wir am Ziel unserer Tagesetappe ein. Und mit uns die 70 Ziegen, die hier im Sommer hausen. Sie kommen von ihrem langen Tag auf den Wiesen ringsum zurück in den Stall um gemolken zu werden. Auf der Alpe Oberfeld machen Rita und Sepp nämlich täglich Ziegenkäse und den kann man dann auch gleich verkosten. Mit den Ziegen auf Tuchfühlung kann man beim Übernachten gehen, denn das Matratzenlager, oder die etwas bequemere Suite liegen direkt oberhalb des Stalls.
Das Abendessen nehmen alle gemeinsam ein, außer uns ist noch ein sehr sympathisches Schweizer Ehepaar hier: Fitz und Vreni. Die beiden lösen so manches Schweizer Rätsel für uns und sorgen für eine gute Unterhaltung. Als ich beim ersten Gang meine Kamera zücke um die Suppe zu fotografieren herrscht kurz Entsetzen vor. Warum um alles in der Welt denn das? Nun ja, ich nenne es Berufskrankeit, Leidenschaft und – es war eine richtig gute Suppe. Die Art von Suppe, die einen nach einem langen Tag wandern und schwitzen die notwendigen Elektrolyte wieder gibt. Die Art, die einfach unglaublich gut schmeckt, weil der Hunger schon so groß ist und die Art, die man sich selbst vielleicht auch öfters mal zuhause machen sollte. Ganz sicherlich werde ich auch die Hauptspeise nachkochen: Älplermaggronen mit Apfelmuus.
Nach dem Abendessen spielt Sepp noch ein wenig auf seinem Alphorn, das im Felskessel die schönsten Töne laut erschallen lässt. Vreni und Fritz legen noch einen Jodler nach, als Pensionisten haben sei ihre Leidenschaft zum Jodeln entdeckt. Schon wieder ist es unglaublich kitschig, dabei aber komplett authentisch. Nichts hier ist für uns als Touristen gemacht, wir sind nur in der glücklichen Lage am Rande teilzunehmen. Und dann, es ist kaum halb 10, fallen wir ins Bett.
Tag 2 Alpe Oberfeld – Wanderung am Waalenweg bis Brunni – Klettersteig Brunni – Sessellift & Seilbahn bis Engelberg
Die Nacht auf der Hütte verläuft alles andere als ruhig. Nur wenige Stunden nachdem wir schlafen gegangen sind, fängt es an unglaublich heftig zu regnen. Dank Suppe und köstlichem Kräutertee müssen wir beide natürlich glatt auf die Toilette und das machen wir, nachdem es aufgehört hat zu regnen. Die Luft ist klar und erstaunlich warm. Nach dem „Ausflug“ zum WC-Häuschen, das ein paar Meter von der Unterkunft entfernt steht, fallen wir wieder ins Bett. Bis uns morgens die Ziegen mit ihren Glocken läuten.
Gut gestärkt verabschieden wir uns auf der Alpe und ziehen los in Richtung Brunni. Der Waalenweg ist deutlich mehr frequentiert und so treffen wir heute um einiges mehr Wanderer als am Tag davor. Es geht auf und ab, immer wieder halten wir an und machen Fotos. Am Walegg komme ich auf die Idee meine Kamera mit Selbstauslöser am Zaun zu befestigen und übersehe dabei einen Elektrozaun. Ich bekomme einen Schlag ab und springe zurück. Wieder eine Lektion gelernt: mit Kühen und Zäunen ist nicht zu Spaßen.
Außer einem kurzen Schock, ist allerdings nichts passiert. Wir gehen weiter und erreichen die Brunnihütte. Hier tummeln sich Familien, es wird zwischen den Steinen gegrillt und auf den Felsen unmittelbar oberhalb geklettert. Wir stärken uns kurz und steigen dann in den Klettersteig ein. Kathi die schwierige Variante, ich die leichtere, wobei sich diese trotz mehrfacher C-Auszeichnung als sehr leicht entpuppt (eher B in meinen Augen). Ihr Weg hingegen ist kniffeliger und leicht überhängend, ich bin froh die leichteren gewählt zu haben. An der Seilbrücke treffen wir uns und gehen die letzten Meter zusammen.
Dann haben wir es für heute geschafft, springen zur Abkühlung in den kleinen, aber eiskalten Badesee und ruhen uns in der Sonne aus. Die letzten zwei Seilbahnfahrten (Sessellift und Gondel) bringen uns direkt zurück nach Engelberg, wo wir im Hotel Bellevue Terminus Mitten in Engelberg es uns gut gehen lassen.
Zurück im Hotel in Engelberg
Weitere Infos zum Seilbahnwandern
- Alles über die Buirabähnlisafari gibt es auf engelberg.ch (Achtung, wir hatten eine geänderte Route und sind nicht nur Buiräbähnli gefahren, sondern auch mit anderen Seilbahnen!)
- Alp Oberfeld Website und Buchung
- Hotel Bellevue Terminus Website und Buchung
PS: Pinn mich!
Auf Einladung von Engelberg Titlis und dem Hotel Bellevue Terminus vielen Dank!
Dear Lea – ich habe eure Wanderung miterlebt und genossen , der Bericht ist sehr gut und ansprechend geschrieben – eine Anregung für alle Wanderer !
Lieben Gruß von Katharina´s Oma .
:-) das freut mich!!
Liebe Grüße nach Gaming,
Lea
Wirklich sehr schöne Bilder! Der dazu noch sehr schöne und informative Schreibstil haben mich direkt überzeugt wo ich meinen nächsten Urlaub hinverlegen werde! Beste Grüße, Michael von der ASK Steuerberatung Hannover
Wow, deine Bilder sehen einfach traumhaft schön aus! Ich hab schon so viele Tolles von Wanderungen in der Schweiz gehört und diese Berge… unglaublich. Vielleicht mache ich im Frühling einen kleinen Trip dorthin. Für ein langes Wochenende über Ostern. Danke für die Inspirationen und liebe Grüße!