Last Updated on 09/03/2019 by Lea
Eine Reise in Serbiens größtes Skigebiet löst im Umfeld Verwunderung und bei der Autorin Begeisterung aus. Eine Reisereportage über alles, was in Kopaonik zu erleben gibt! + praktische Tipps zum Nachreisen
„Aber warum denn bitte Serbien?“ fragt mich eine Freundin mit einem etwas verwunderten Blick. Wir sitzen gerade bei einer Tasse Kaffee, als ich erzähle, dass ich demnächst auf Pressereise nach Serbien fahre. Zugegeben, noch vor ein paar Monaten wusste ich über Serbien ebenfalls wenig – bis gar nichts.
Im Zentrum des ehemaligen Jugoslawiens herrschte als ich klein war noch Krieg, 1992 zerfiel das Land viele Flüchtlinge flohen unter anderem nach Wien, wovon bald einige mit mir in die Klasse gingen. Der kleine Samuel zum Beispiel, der immer seine Buntstifte annagte. Oder Dina aus Bosnien-Herzegowina, die dann bald in die USA weiterzog. Von ihr habe ich meinen ersten Brief auf Luftpostpapier bekommen. 1999 stand Belgrad, die Hauptstadt Serbiens, zuletzt unter Bombardement der NATO während des Kosovokriegs, danach ist mir das Land nur noch ab und zu im Rahmen des berühmten EXIT Festivals untergekommen. Ein elektronisches Musik Festival das jedes Jahr internationale Acts & Zuschauer anlockt.
Kurz gesagt, vor der Reise wusste ich – abgesehen von einigen Fragmenten, die aus dem Geschichtsunterricht hängengeblieben waren – wenig über Serbien. Von den Ländern Ex-Jugoslawiens kannte ich nur Slovenien und Kroatien. Irgendwo lese ich einen Vergleich des touristischen Erbes Ex-Jugoslawiens: Nach Kroatien locken die Strände, nach Slovenien die Flüsse und Berge. Bosnien-Herzegowina ist für Sarajevo bekannt, Montenegro und Mazedonien locken mit dem Unbekannten. Aber was gibt es eigentlich in Serbien?
Grund genug, es herauszufinden.
Hallo aus Serbien!
Skiurlaub in Serbien
All das hat meine Freundin mittlerweile nickend zur Kenntnis genommen. Doch eine Frage brennt ihr noch auf der Zuge: „Und du willst wirklich ausgerechnet zum Skifahren in Serbien?“ „Ja. Also genau genommen zum Snowboarden“, denn das Skigebiet mag zwar für unsere Verhältnisse flach sein, groß es es mit seinen 29 Liften trotzdem. Peter, ein guter Freund mit dem vor allem bei Snowboardabenteuern immer wieder gerne unterwegs bin, kennt den halben Pistenplan schon auswendig, als ich noch versuche herauszufinden, wo wir sind.
Schön ist es jedenfalls, hier. Die Bäume sind weiß verschneit und der frische Schnee macht ein angenehmes Geräusch unter den Kanten. Die lange Anreise hat sich ausgezahlt. Auch sie nicht ganz einfach ist. Niš, der weiter südlich gelegene Flughafen wird noch nicht so regelmäßig frequentiert wie der Nikola Tesla Flughafen in Belgrad. Wir sind nach Belgrad geflogen, von dort sind es mit dem Auto ca 4 Stunden bis Kopaonik – zuerst auf der Autobahn, dann über kurvige Landstrassen. Busse fahren ab Belgrad mehrmals täglich, einige Hotels bieten auch Abholshuttles an. Auf Lufthansa Flügen ist das Sportgepäck im Winter sogar gratis dabei.
Snowboarden in Kopaonik
Das Skigebiet liegt im gleichnamigen Nationalpark im Süden des Landes, direkt an der Grenze zum Kosovo. Über den spricht man hier übrigens nur ungern, für den Smalltalk sollte man bei anderen Themen bleiben. Den Pisten zum Beispiel. Mehrmals werden wir auf unsere Erkundungstour durch das Skigebiet gefragt, ob die nächste blaue Piste ist. Denn auch wenn hier fast jeder mit Marken-Skikleidung und guter Ausrüstung unterwegs ist, kaschieren sie damit nicht ihre Skikünste – die meisten sind Anfänger. Für den Großteil der Serben ist das Gebiet mit einem Tageskartenpreis von 29€ in der Hauptsaison immer viel zu teuer. Für uns ist es ein guter Deal.
„Ungschickt sind die Leut'“, lass ich meinem Ärger freien Lauf. Mein Sitznachbar am Sessellift, ein Herr um die 50 hat sich beim Einsteigen halb auf mich gesetzt. Er fängt sich aber schnell und ich kann beruhigt in den Sitz rutschen. „Sind Sie aus Deutschland oder Österreich?“ fragt er mich plötzlich in astreinem Deutsch. Und plötzlich bin ich sehr froh, dass ich mein Gesicht hinter Skibrille, Helm und Schal verstecken kann. Das ist mir dann doch etwas peinlich. Es stellt sich heraus, dass er selbst 8 Jahr in Deutschland gearbeitet hat und hier mit seinen Kindern unterwegs ist. Es ist ein freundliches Gespräch und ganz verstehe ich seine Sorge um die blauen Pisten noch nicht. Als er sich beim Aussteigen dann direkt mal in den Schnee setzt, hoffe ich aber auch für ihn, dass er sie schnell findet.
Ein herzliches Willkommen auf Serbisch
Es ist eine von vielen freundlichen Begegnungen mit Einheimischen, vor allem die Jungen können alle einwandfrei Englisch und das Reisen fällt in den Tourismusorten nicht schwer. In den ländlichen Dörfern hat man es da schwieriger lassen wir uns vom polnischen Videoproduzenten Happiness Mode sagen. Sie haben im Sommer das Land bereist und ein wunderschönes Video über Serbien gedreht. Den Brauch des Schnaps als Willkommensgetränk oder Aperitif kennen sie mittlerweile nur zu gut.
Serbiens Nationalfrucht ist übrigens die Himbeere und die schmeckt nicht nur frisch gut, sondern zB auch als Brand. Ebenso wie der berühmte Slibowitz („šljivovica“) – ein Obstbrand aus Pflaumen. Hier im Nationalpark wachsen im Sommer unter anderem auch Heidelbeeren, aufgetaut gibt es davon auch im Winter am Frühstücksbuffet. Und zwar die echten, nicht den billigen „Strauchblaubeeren-Abklatsch“, den es bei uns im Supermarkt gibt. Köstlich!
In Kopaonik werden die beliebten Souvenirs direkt am Strassenrand verkauft, alles wirkt selbstgemacht: Marmeladen, Säfte, Schnaps, Walnüsse, selbst gemachtes Ajvar (Paprikaaufstrich) oder frischen Schafkäse und Würste. Nur sollte man sich vergewissern. dass die Gläser gut verschlossen sind. Das knallorange Ajvar kann nämlich übles im Gepäck anrichten.
Einmal verkostet möchte ich gar nicht mehr auf Ajvar verzichten, so gut schmeckt es mir. Praktischerweise passt es auch fast zu allem was die serbische Küche zu bieten hat – und das ist um Meilen mehr, als ich mir ausgemalt hatte. Obwohl ich oft kein Fleischfan bin, hier muss man es fast werden. Der Geruch frisch gegrillter Cevapcici begegnet einem immer wieder quer über das Skigebiet verstreut. 2€ kostet der Snack mit 5 Cevapcici in warmen Brot mit Gemüse und Saucen. Weitere 2€ für ein Pivo, das Bier, das man hier am besten immer lokal trinkt. Ob Zaječarsko, Lav oder Jelen – geschmeckt haben sie alle gut, und das sage ich als Weintrinkerin. Weine gibt es übrigens auch aus Serbien, aber das ist eine andere Geschichte.
Pisten, Lifte & Abseits
Die Angaben der Pistenanzahl variiert, mal sind es 55km, mal 65km und dann wiederum wird uns erklärt dass bei einer Zahl die 12km Langlaufloipe hinzugerechnet wurde. Langlaufen ist übrigens nicht sonderlich beliebt, wir sehen keinen einzigen Langläufer in den zwei Tagen. Im Grunde genommen kommt es auf die paar Kilometer mehr oder weniger nicht an, es sind ausreichend viele um abwechslungsreiche Abfahrten zu haben. Mit Ausnahme der Tellerlifte sind die Liftanlagen meist modern und schnell, der Großteil sind Sessellifte.
Man ist in Serbien sehr bedacht darauf, den Bügel möglichst früh vorm Ausstieg hochzuheben, was bei mir regelmäßig Adrenalinschübe verursacht. Für uns völlig unverständlich sind auch die Snowboarder, die ihr Brett lieber halten am Lift als es an den Beinen zu lassen. Was bei uns streng verboten wäre (man überlege sich mal was passiert wenn eins der Snowboards über einer Piste entkommt und unbemannt abhaut… und denkt dann lieber nicht weiter darüber nach) ist hier gang und gebe.
Wie heißt es so schön? Man soll auf Reisen nicht immer gleich alles besser wissen und verbessern wollen, also nehmen wir das einfach zu Kenntnis und fokussieren uns auf die verständlicheren Bräuche. zB die riesigen Krapfen, die man Mittags sich gönnt wenn man ungeahnte Täler erforscht hat am Pistenrand. Abseits ist hier nämlich kaum wer anzutreffen, dabei gibt es immer wieder feine Powderstrecken. Flach und gemütlich, genau so wie ich es mag. Weniger gemütlich ist das Waldstück, durch das wir durch müssen um wieder zum Lift zu gelangen. Da komme ich zwischen den Bäumen und entlang des kleinen Flusses doch zum Schwitzen. Immerhin hab ich mir danach einen Kakao und Bissen vom Krapfen redlich verdient.
Snowpark Kopaonik – Kicker und Rails
Zurück auf der Piste erkunden wir den Snowpark, der hier ausschließlich für „Border“, wie es am Schild steht, geöffnet hat. Wir sind mit an Bord. Er ist aktuell zwar nicht geshaped, sein Ausblick auf die Hotels im Ort jedoch phenomenal. Unweit entfernt steht die Sommerrodelbahn, die hier auch im Winter geöffnet hat. Vor allem Eltern mit Kindern nehmen dieses zusätzliche Unterhaltungsprogramm in Anspruch, ebenso wie den bunten Funpark für Kinder direkt an der Talstation. Generell kommt mir das Gebiet ideal für Familien vor, gut überschaubar, super Kinder-Angebote und wenn nur die Hälfte der Familie auf der Piste unterwegs ist, kann man sich trotzdem leicht zu Mittag wieder treffen.
Sauna und Swimmingpool im Grand Hotel
Nach dem Skifahren geht es zurück ins Hotel zum Relaxen. Das Grand Hotel steht direkt am Pistenrand und hat als einziges Hotel hier einen beheizten Außenpool. Aber auch die restliche Saunalandschaft kann sich sehen lassen. Mehrere Saunas, eine Dampfsauna und ein großes Schwimmbecken laden zum Verweilen ein. Auch im Angebot sind Massagen und Gesichtsbehandlungen, ich gönn mir eine halbstündige Fußmassage um umgerechnet 20 Euro.
Après Dinner Nightlife im serbischen Skigebiet
Abends gibt es im Hotel ein Buffet, viele Salate und deftige Gerichte. Dazu trägt frau Lackleggins, Glitzerpullis und bunte Moonboots, mann trägt den Jogginanzug, in dem er dann auch wieder zum Frühstück erscheint. Je länger ich die Hotelgäste beobachte umso mehr komme ich zu dem Schluss, dass Frauen hier einfach schicker sind. Egal ob mit oder ohne Kind im Arm, alles sitzt perfekt. Beneidenswert.
Wer nach dem Abendessen noch Lust auf einen Trink hat, kann diesen in der Kaminbar oder in einem der Pubs einnehmen. Das Keops serviert Abendessen, im Alo Alo es eine Holzstube mit gutem Essen und Live-Musik. Nebenan ist ein Pub. „The Pub“ ist das einzige, reine Pub hier und es ist jeden Abend zum Besten voll. Die Tische sind fast alle reserviert und wir müssen jedes Mal nach einem Plätzchen fragen. Irgendwo zaubern die freundlichen Kellner dann auch immer noch zwei Barhocker und einen Tisch her. Ungewohnt ist auch hier der Rauch, denn Rauchen im Lokal ist in Serbien immer noch usus. Nicht nur in Pubs und Restaurants sondern auch auf den Skihütte, wo man sich durch die Rauchschwaden schlagen muss. Nett sind die Tische mitten im Raum auf denen hin und wieder ein „Rauchen verboten“ Schild steht.
Wer sich also den hier üblichen Gepflogenheiten anpassen will bestellt Schnaps, Bier und raucht mal eine. Keine gesunde Kost in unserem Sinne, aber hat man dieses Vorurteil mal überwunde, durchaus eine an die man sich für die Dauer des Urlaubs gewöhnen könnte. Das machen wir dann auch jeden Abend und dabei werfen wir mit den wenigen serbischen Sprachbrocken um uns. Wer seinen Urlaub schonmal in Kroatien verbracht hat, ist klar im Vorteil. Viele Wörter sind sehr ähnlich und man kann sich problemlos verständigen. Wobei meistens Englisch auch kein Problem ist.
Praktische Infos zu Kopaonik
Anreise:
Flughafen Belgrad (Lufthansa ab München ab 139€ oder ab Frankfurt | Air Serbia ab Berlin/Düsseldorf/Stuttgart/Zürich und Wien)
Kopaonik ist ca 280km von Belgrad, Mietauto, Shuttle oder Bus ab Belgrad Stadt, ca 4h Stunden Fahrt
Skipass:
In der Hauptsaison 29€ pro Person, in den Nebensaisonen günstiger, ab 3 Tagesskipass ebenfalls günstiger.
Unterkunft:
Wir waren im Grand Hotel untergebracht, das direkt an der Piste liegt. Preise liegen ca bei 180€/Nacht, Abendessen gibt es als Buffet – ich würde nur Frühstück buchen empfehlen und sich durch die Restaurants kosten. Das Hotel ist modern eingerichtet, sauber und die Angestellten sehr freundlich. Unser Zweibettzimmer war sehr klein und etwas verwinkelt, aber es war alles vorhanden was man braucht. Rauchen darf man im Hotel glücklicherweise grundsätzlich nicht, es gibt aber eigene Raucherräume in der Lobby in in der Bar.
Auf diversen Buchungsseiten findet man Zimmer schon ab 25€/Nacht wenn man in Kauf nimmt ein wenig ausserhalb des Ortes zu wohnen. Achtung nur bei den Liftanbindungen: als wir dort waren, war der Lift ganz links auf der Karte (der aus einem anderen Ort kommt) nicht in Betrieb!
Nachtleben im Skigebiet:
Après-Ski im klassischen Sinne gibt es hier nicht, dafür rückt man nach dem Abendessen nochmals aus. Oder man startet gleich mit einem Dinner im Alo Alo bei Livemusik und geht später zB weiter ins Pub oder ins Keops. Die Hotels haben Lobbies/einen Kaminsaal, in denen man sich ebenfalls für einen Drink niederlassen kann.
Gut zu wissen:
- ATMs, also Bankomaten und Wechselstuben gibt es vor Ort
- Skiverleih ebenso, einen gut passenden Helm sollte man vielleicht besser selbst mitnehmen
- Im Ort gibt es einen kleinen Supermarkt mit Bäckerei, günstige Preise
- Die Musik an den Liften stammt von einer Kooperation mit einem Radiosender
- Die gute Nachricht dazu: es gibt keine Schlager, Après-Ski Hits in unserem Sinne
- Das Skigebiet ist sehr familienfreundlich und ideal für Kinder und Anfänger
- Die Lifte sind bis auf ein paar Tellerlifte alle modern und die meisten fahren auch zügig
- Snowboarder gibt es wenige, aber es gibt sie!
- Ziehwege gibt es (für Snowboarder) glücklicherweise nur wenige
- Der Skiurlaub lässt sich gut mit 1-2 Tagen in der Hauptstadt Belgrad kombinieren
Skigebiet-Website: www.kopaonik.rs
Noch Fragen? Fragt mich einfach indem ihr einen Kommentar hinterlässt, alles was ich beantworten kann beantworte ich gerne – und falls nicht, weiß bestimmt wen, der mehr weiß als ich ;-)
Herzlichen Dank an Serbien Tourismus (NTOS) für die Einladung! Alle Meinungen und Empfehlungen sind, wie immer, aus meinen eigenen Erfahrungen entstanden.
Danke für den tollen Bericht aus meiner zweiten Heimat :) schön, dass es dir gefallen hat :)
Ein schöner Bericht. Ich wäre wahrscheinlich seltener auf der Piste, als am Socken-, Öl- und Schnapsstand. Über eine schlagerfreie Zone am Skilift freue ich mich jederzeit.
ein sehr guter und interessanter Beitrag, danke! Ich komme aus Serbien, und war noch nicht in Kopaonik, somit… Pflicht :-) und coming soon ;-)
Serbien wär mir jetzt auch nicht gerade bei Skiurlaub eingefallen danke für den spannenden und interessanten Bericht