Last Updated on 18/01/2018 by Lea
Es gibt es im Leben zwei gute Gründe früh aufzustehen: entweder um einen frühen Flug zu erreichen oder um früh auf den Berg zu gehen. Der heutige Berg liegt im Kühtai, ist Schneebedeckt und wartet darauf erobert zu werden. Noch erscheint es etwas vorlaut, aber unser Skiführer verspricht uns sogar Powder zu finden. Und das obwohl es seit 10 Tagen kein bisschen geschneit hat, bei ohnehin schlechten Schneeverhältnissen diesen Winter in Tirol.
Vier Tage am Women’s Wintercamp im Kühtai
Es ist der zweite Tag am Marmot Women’s Wintercamp im Kühtai, eines von drei Camps bei denen rund 50 Frauen gemeinsam mit Berg und Skiführern Freeriden und Skitouren gehen. Es gibt jede Menge Material von Sponsoren zu testen und auch der Goodie Bag, der am Anfang des Camps am Bett jeder Teilnehmerin zu finden ist kann sich sehen lassen.
Jedes Camp beginnt an einem Donnerstag und geht bis Sonntag. Der erste Tag ist zum Eingewöhnen und für die erste Praxiseinheit am Berg mit dem LVS-Gerät da. Dabei erklärt David, der Bergführer meiner Gruppe uns allen die Funktionen des Geräts. Anschließend üben wir für den Fall des Falles, der hoffentlich nie eintritt.
Jeden Tag kann man sich entweder für Freeride-Touren oder eine Halbtages-Skitour (jeweils Anfänger oder Fortgeschrittene) eintragen. Ich fühle mich ein wenig wie auf einer Wintersportwoche eines Mädcheninternats mit Hanni und Nanni. Nur, dass meine Zimmergenossin Amelie heißt und wir abends auch ein Glas Wein trinken dürfen. Und das, obwohl im Goodie Bag doch extra noch eine Flasche alkoholfreies Bier war.
Skitour ins Klammtal
Freitag ist das Wetter gut vorhergesagt und ich entscheide mich also für das frühe Aufstehen und die Skitour. Statt mit Fellen und Ski ziehe ich mit Schneeschuhen und Stöcken los. Es geht in ein Seitental vom Kühtai, wohin genau entscheiden die beiden Guides später, als wir weiter hinten im Tal angelangt sind. Bereits kurz nach dem Einstieg queren wir zügig und mit ausreichend Abstand zwischen uns zwei Lawinenkegel. Mächtig wirken die Schneemassen und bedrohlich hängt der Restschnee über uns am Hang. Doch noch ist es zu früh morgens und der Schnee gut von der Nacht gefroren. Für den Rückweg äugeln wir aber bereits mit der anderen Talseite und den etwas aperen Wegen, die aber immerhin Lawinensicher sind.
Doch zuerst geht es bergauf. Es ist die Anfängergruppe und es geht langsam voran. Viele gehen hier ihre ersten Spitzkehren und kämpfen damit den Ski richtig um die Kurve zu schwingen. Mit Schneeschuhen kein Problem. Erst als die Schneedecke weicher wir und die Schneeschuhe immer mehr durchbrechen und abrutschen merke ich meine Grenzen des Materials.
Ziel ist eine schöne Kuppe von der aus wir ins Tal blicken und in der Ferne die Kalkkögel und die Serles erkennen. Nach einer kurzen Stärkung geht es dann bergab über weiche Firnhänge und zurück zu Strasse. Ein schöner Ausflug in die Berge.
Freeride Abfahrten im Kühtai
Für den Samstag habe ich Freeriden ausgewählt und diesmal bekomme ich Snowboarder-Unterstützung von David Speiser, der seit 2003 im Nationalteam Boardercross fährt. Mein rechtes Knie soll ich mehr nach aussen drehen und die Kante anders belasten. Es sind hilfreiche Tipps an Technik und Material, die er mir gibt.
Mut tut gut!
Nach einem Warm-up auf Ost und Süd-Osthängen, die bereits am Morgen früh weichen Schnee haben, geht es auf ins Gelände. Unser größtes Ziel ist die Staumauer, doch um zu der zu gelangen müssen wir erstmal einen steilen Hang bergab rutschen. Ich rufe mir die Worte von Petra Müssig und ihrem Vortrag am ersten Abend „Mut tut gut!“ ins Gedächtnis. Wie eine Königin gleite ich also auf der Frontside-Kante den Hang hinunter und komme mir dazwischen doch vor wie ein überfahrener Frosch der auf der Strasse klebt. Macht nichts, Hauptsache heil unten angekommen und auf zur Staumauer. Und langsam sickert das Wissen auch bei mir durch.
Wie viele andere bin ich hier am Camp um mehr über mich und das Gelände zu lernen. Um Situationen besser einschätzen zu können und selbstständig Entscheidungen treffen zu können, was ich mache und was nicht. Und um nicht als letzte oben zu stehen und den anderen beim Fahren zu zusehen, nur um mir zu denken: „und wie bitte komme ich hier runter?!“
Besonders gut finde ich den Vortrag am letzten Abend von Klaus Kranebitter. Er fasst kurz und kompakt alles über Lawinen zusammen, was ich schon zigmal gehört habe, aber man einfach nicht oft genug hören kann. Im Raum ist es still und alle lauschen gebannt. Nicht ohne Grund – für den letzten Tag im Camp sind 20-30cm Neuschnee über Nacht vorhergesagt.
Und so wache ich aus dem scheinbaren Hochsommer am Sonntag im tiefwinterlichen, verschneiten Kühtai auf. Die Sicht ist schlecht, also verzichten wir auf Touren weiter ins Gelände. Da aber selbst die Pistengeräte nicht mit dem Präparieren nachkommen, gibt es jede Menge Powder im Skigebiet selbst… was für ein perfekter letzter Tag. Bald wieder, ja?
Ich wurde vom Women’s Wintercamp eingeladen. Alle Meinungen bleiben wie immer meine eigenen.
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