Last Updated on 29/07/2013 by Lea
Lieber Wind!
Es mag dich vielleicht überraschen einen Brief von mir zu bekommen und bestimmt hast du ihn schnell wieder vergessen, du schnelllebiges Wesen. Dabei hatte alles so schön angefangen. Weißt du noch? Damals in Kusadasi an der türkischen Ägäisküste? Da hast du unseren kleinen Lenkdrachen voll Freude durch die Lüfte getragen, dass er uns nur so durchs Wasser getragen hat. Stundenlang hing ich an den Schultern meines Freundes damals und jauchzte nur so vor Freude. Damals hast du die Idee gepflanzt, wie toll es doch sein müsste mit deiner Hilfe, einem großem Schirm und einem Brett unter den Füssen über das Wasser zu gleiten. Hatten wir nicht gemeinsam beschlossen, dieses Abenteuer zu wagen?,
Ich weiß, ich brauchte ein wenig Zeit für mich. Ohne dich. Aber vor drei Jahren war ich dann bereit dafür. Diesmal war es in Tarifa in Spanien an der Costa de la Luz. Du, mein Lieber, hast mich wie einen alten Freund willkommen geheißen. Einen Tag lang tobten wir am Strand, wie in alten Tagen. Nur diesmal trugst du nur mich durch die Lüfte und über das Wasser. Es war ein toller Tag. Und dann, dann kam dein Tobsuchtsanfall. Ein wahrer Orkan, bei dem alle aus dem Wasser und aus deinem Revier flüchten. Sand flog durch die Lüfte und du konntest dich nur schwer beruhigen. Macht nichts. Das kann jedem mal passieren. Irgendetwas muss dich schwer getroffen haben, denn die Tage danach lagen die Schirme unberührt am Strand. Komplette Windstille bis zum Abreisetag.
Aber manche Sachen im Leben vergisst man nicht. Dein Versprechen von damals, dass wir beide das nochmals neu aufrollen würden. Eine zweite, eine dritte Chance. Eine ganze Woche habe ich mir nun diesmal am Reschensee in Mitten der Alpen Zeit für dich genommen. Aber du bist nicht gekommen. Warum warst du nicht da? Ich habe gewartet und gewartet. Wie ein kleines Mädchen, dass sich auf Weihnachten freut. Wie ein sitzen gebliebener Teenager, der seinem Schwarm beim Knutschen mit jemand anderem zuschaut. Wie jemand der verlernt hat, was es heißt zu warten.
Aber täusche dich nicht, ich habe alles möglich in dieser Woche gelernt. Bierflaschen mit einer Zange öffnen, Zigaretten zu rollen, die Wolken am Himmel zu zählen, die Gräser am Uferrand zu beobachten und dem Rauschen der kleinen Wellen am steinigen Strand zuzuhören. Und trotzdem, ein wenig warst du immer da. Das machte mich krank. Nein, wirklich krank. Schnupfen, Husten und zu allem Überfluss auch noch einen Sonnenbrand, weil du die Sonnenstrahlen abgekühlt hast.
Nun, kiten habe ich diese Woche wieder nicht gelernt. Manche meinen ich kann diese Tage auf mein Flaute-Konto schreiben. Ich habe aber noch etwas entdeckt. Ich habe gelernt zu warten. Und auch wenn es viele Dinge im Leben gibt, auf die man nicht warten sollte, die Dinge, die es wirklich wert sind, auf die muss man manchmal warten. Wenn es soweit ist, werde ich bereit sein. Meine Füße in der Bindung haben, den Kiten in Achten konzentriert in meine Fahrrichtung lenken und gemeinsam werden wir über das Wasser ziehen. Du und ich. Und dann werden wir beide wissen warum.
Das Mädchen vom Uferrand.
Was für ein toller Text! Ich selbst war dieses Jahr das erste mal Kitesurfen und war direkt begeistert. Zwar hat es eine ganze Weile gedauert bis ich einigermaßen voran kam, aber es war eine tolle Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
Grüße vom Kitesurf-Neuling
Hannes
Ach der Wind, der Wind, das himmlische Kind…
Vielen Dank für den tollen, ausführlichen Bericht!
LG Janina
Och, wie schön, Lea!
;-) danke… leider wurde es bisher nichts mit einer Zweiten Chance. Aber die kommt noch!