Last Updated on 14/05/2019 by Lea
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Es geht nach Livigno. Nach Italien. In die Alpen. Nein, diesmal nicht nach Südtirol. Die Anreise mit dem Auto führt von Innsbruck aus über die Schweiz. Nur so gelangen wir in das Hochtal auf rund 1800 Seehöhe. Rund drei Stunden Autofahrt liegen vor uns. Obwohl mir das lang vorkommt, sind wir von Innsbruck aus verhältnismäßig nah dran. Viele andere Gäste reisen entweder tagelang mit dem eigene PKW an oder fliegen erstmal nach Innsbruck, um dann weiterzufahren.
Wieso nun ausgerechnet nach Livigno? Es gibt doch viele schöne Skigebiete, die leichter zu erreichen sind. Obendrauf muss man seine An- und Abreise auch noch nach den Öffnungszeiten des einspurigen Tunnels ausrichten. Alle, die aus der Schweiz, Deutschland oder Österreich anreisen, müssen nämlich durch den Munt La Schera Tunnel, der Pforte zu Livigno an der Grenze nach Italien. Die Alternativen über den Süden und diverse Passstraßen, teils im Winter gesperrt, sind keine wirkliche Option.
Die Antwort auf diese Frage wartet am Ende des schummrigen Tunnels. Ein bisschen fühlt sich die Fahrt an, als würde man durch einen geheimen Tunnel fahren, nicht auf der Hauptverkehrsader des größten Skiorts der Lombardischen Alpen. Wenn nach einer gefühlten Ewigkeit das erste natürliche Tageslicht am Ende des Tunnels nach knappen 3,4 Kilometern zu sehen ist, ist es wie als würde man in einer anderen Welt rauskommen. In einer umwerfend schönen Welt!
Das kleine Tibet
In Livigno läuft alles ein bisschen anders und das hat verschiedene Gründe. Bis zum Bau des Tunnels 1968 war Livigno im Winter nicht regelmäßig zu erreichen, wurde aber trotzdem durchgehend bewohnt. Der Ortsteil Trepalle ist mit 2250 Metern über dem Meer noch heute die höchste Gemeinde der Alpen, wobei die Nachbarn in der Schweiz das Dorf Juf (auf 2126m) gerne als solches ausweisen. Grund dafür ist, dass Trepalle selbst auf 2069m liegt, der Ortsteil Passo d’Eira aber auf 2209. So oder so, man wohnt hier verdammt hoch und ist dem italienischem Himmel damit ein Stückchen näher als anderswo.
Einen Beinamen hat Livigno auch: „Piccolo Tibet“ (Kleines Tibet auf Deutsch) und zwar nicht, weil es an Tibet erinnert, sondern weil es 1951 sechs Monate lang von der Außenwelt abgeschnitten war und daher als „unechte Exklave“ bezeichnet wurde.
Ob man auch deswegen den Slogan „Feel the alps“ auserkoren hat? Beim Anblick der dicken Holzbalken der alten Häuser spürt nahezu die rauen Winter und freut sich beim Anblick der Kühe bereits auf die großen Käselaibe und die deftige Küche. Auch wenn es hin und wieder neuere Häuser gibt, das Ortsbild ist geprägt von uralten Holzbauten und Hotels aus den , der Großteil davon ist in einheimischer Hand. Charakteristisch ist die in die Länge gezogene Ansiedlung des Ortes entlang des Ufers des Spöls. Wo im Winter die Langlauf Loipe entlang führt stehen immer wieder Schilder die das Gewässer in der Sommersaison für (Fliegen-)fischer ausschildern.
Hashtag-Amore
Trotz alter Bauten und später touristischer Entwicklung ist man heute am Plus der Zeit. Und so entgeht einem bei einem Besuch kaum die Vorliebe der Livignasci für Hashtags. Auf fast jeder Werbung, jedem Plakat oder Instagram Account findet man eigene Hashtags. So hat @livigno seine Hashtags: #ActiveHolidays und #MountainResort. Auch Events haben eigene Hashtags, wie zB #tuttifruttiepic nach der gleichnamigen Mountainbike-Tour im Sommer. Schade, dass ich bei diesem Besuch diesen schönen Hashtag nie benutzen konnte. Aber es gab schließlich noch andere, dazu später.
Steuerfrei Einkaufen
Aufgrund der geografischen Benachteiligung sprach bereits Napoleon den Einwohnern das Recht auf steuerfreie Waren zu. Über diverse politische Konstellationen hinweg, blieb dieses Sonderrecht erhalten und gilt auch heute in der EU noch. Die meisten Läden in Livigno sind, wie die Hotels, in einheimischer Hand und verkaufen Markenware. Stets um eine Spur günstiger, wobei man nach echten Schnäppchen auch hier suchen muss. Die Auswahl an Outdoor- und Wintersportbekleidung ist auf jeden Fall groß. Mich hingegen haben sofort die italienischen Supermärkte in Beschlag genommen und so landet ein Großeinkauf Pasta, getrocknete Tomaten, Salami, diverse Käsesorten und auch die eine oder andere Flasche Aperol im Souvenir-Gepäck.
Auch sprachlich hebt sich Livigno auch vom Rest des Landes ab: die Einheimischen sprechen neben Italienisch auch Livignasc, eine alpin-lombardische Sprache, die dem rätoromanischen im Engadin nahe kommt. Ob daher die amüsanten Übersetzungsfehler in deutschen Texten kommen? Es bereichert auf jeden Fall den Urlaub, wenn man am Lift gebeten wird rechtzeitig „abzubügeln“ oder im Wellnessbereich die „Ausfahrt aus den Pools“ 30 Minuten vorm Schließen antreten soll.
Fünf Higlights in Livigino:
Sunrise Skifahren mit Frühstück am Berg
Im Grunde besteht Livigno aus zwei Skigebieten, die sich rechts und links des Hochtals erstrecken. Seit der Saison 2018/19 sind die beiden Skigebiete auch mit einem Shuttlebus verbunden. Das ostseitig ausgerichtete Carosello 3000 Skigebiet ist etwas flacher, der Großteil der Pisten sind leicht bis mittel (insgesamt 61km, nur 11km der Pisten sind schwarz). Damit eignet es sich perfekt für Kinder, Anfänger und Wiedereinsteiger – aufgrund der langen flachen Passagen aber eher weniger für Snowboarder.
Tipp: jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag kann man von 7:00-9:00 in der Früh das „Sunrise Emotion“ Ticket separat buchen. Das Ticket ist nur bis Punkt 9:00 gültig (Achtung: bei der Seilbahn wird am Ausstieg kontrolliert), inkludieren aber ein grandioses Frühstücksbuffet im Restaurant Costaccia. Hier heißt es auch pünktlich und schnell sein, um 9:20 war das Buffet bereits wieder verräumt. Dafür gibt es eine paradiesische Auswahl an regionalen Käsesorten, Schinken, Speck, Thunfisch, diverse Müsli-Kreationen, eingelegte Tomaten, Mozzarella Bällchen, Eiern, Schokotorte oder Kuchen, frischen Orangensaft und mit Kräutern aromatisierte Wasser. Der Cappuccino wird direkt an den Tisch serviert. So könnte jeder Tag beginnen!
Offizieller Hashtag: #themountainisfreedom
Auf der gegenüberliegenden Talseite wartet ein ganz anderes Gebiet darauf entdeckt zu werden.
Skifahren am Mottolino Fun Mountain
Unser Apartment im Ortsteil Teola ist nur wenige Minuten vom Sessellift entfernt, der uns auf den Mottolino bringt. Der Großteil der Pisten hier ist mit 14km rot (mittelschwer), nur 4,8 sind leicht und knappe 6 schwierig(-er). Das bedeutet auch: weniger Anfänger, weniger Kleinkinder als auf der anderen Talseite. Obendrauf gibt es ein „Natural Moguls“ Areal, einen Funpark und markierte Freeride-Gebiete abseits der Pisten. Wer einmal im höchsten Ort Europas stehen möchte, fährt einfach kurz mal nach Passo d’Eira ab. Wieder oben angekommen, kann man den Blick genießen und dank neuem Verbindungslift auch schnell wieder auf die andere Bergseite kommen.
Tipp: Die Camanel di Planon Hütte lockt schon von Weitem mit gutem Sound einer mit Holz verkleideten Außenbar und mehreren Feuerstellen. Auf den Sesseln liegen Schaffelle, wem immer noch zu kalt ist kommt die Decke zur Hilfe. Die unzähligen zu Deko-Zwecken entfremdeten Ferrari Sektflaschen laden zu einer Verkostung des Getränks. Im Gastraum selbst herrscht leider eher Glashaus und Mensa-Atmosphäre, dafür freut sich die Geldtasche: diverse Paninis oder eine ordentliche Portion Pommes kosten nur 5€, ein Espresso 1,20€. Im Oberstock gibt es ein nobles Pasta Restaurant, das mittags leider geschlossen war. Die angepriesenen Hüttenabende an Donnerstagen mit Menü und Auffahrt mit einem Pistenpully klingen auch nicht schlecht . (Reservierungen direkt im Camanel +39 0342 1856226)
Langlaufen in Livigno
Wer sich nicht gerne mit Ski den Berg hinunter stürzt, kann sich in der Ebene austoben beim Langlaufen. Ob klassisch oder Skating ist Geschmacksache. Neulinge am besten einen Skilehrer und das machena auch wir. Stefano bringt uns in einer Stunde drei Techniken, bergauf, bergab fahren und Spurenwechseln bei. Und ein kleiner Sprung ist auch dabei. Danach sind wir zwar keine Profis, aber gerüstet für eine eigenständige Runde auf der Loipe, die an wunderschönen alten Häusern vorbeiführt. Danach hat man sich ein Eis in der Latteria di Livigno wahrlich verdient.
Langlaufschule und Verleih: Scuola sci fondo | Website: www.scuolascifondolivigno.com | Preise: ca 24€ pP für eine Privatstunde zu zweit | Skiverleih zB ums Eck bei www.silenesport.it um
Entspannen im Aquagranda
Nach soviel Sport muss man auch mal entspannen. Dafür bietet sich der Wasser- und Wellnesspark Aquagranda an – das, so lernt man im Museum MUS!, den früheren Namen des Flusses trägt, der sich heutzutage unter dem Namen „Spöl“ durchs Tal schlängelt.
„Active You!“ so der Slogan. Unser Vorhaben ist konträr: bitte alles, nur nicht aktiv. Und das klappt hervorragend in der modernen Anlage. In der Sauna wärmen wir uns auf und ruhen in einen von drei Ruheräumen bei Vogelgezwitscher im Wasserbett. Zwei Damen bieten kurze 10 minütige Behandlungen an, wie zB eine Schultermassage oder eine Detox-Geschichtsbehandlung. Letztere nehme ich und werde mit einer Art Maske behandelt. Diese stammt von Bormö Line, einer Kosmetiklinie aus Livigno. Dass meine Maske unter anderem den wichtigen Inhaltsstoff „snail saliva“ erfahre ich erst als die freundliche Dame das klebrige Zeugs bereits wieder von meinem Gesicht zieht. Nun ja, was soll ich sagen? Hat sich ziemlich gut angefühlt, diese Schneckenspucke. Ab jetzt gilt für mich in Sachen Schnecken: lieber im Gesicht als am Teller.
Aquagranda: www.aquagrandalivigno.com/de/ | Öffnungszeiten: 10:00-22:00 am Mittwoch sogar bis 24:00 | Tageskarte für den Wellness & Relax Bereich für Erwachsene: 27€
Abendessen im Aqua Granda
Danach komme ich noch in den Genuss eines Aufguss im Dampfbad mit Salz-Peeling für den Körper. Es ist herrlich und ein wenig schade, hier nicht mehr Zeit verbringen zu können. Denn der Magen knurrt und das Abendessen bereits in Reichweite. Im angeschloßenen Restaurant riecht es zwar noch etwas nach Chlor und Schwimmbadpommes, aber das Restaurant gilt als Geheimtipp für Fischgerichte. Auf Empfehlung teilen wir uns einen rohe Fisch Vorspeisenteller (rießig und für 15€ ein echtes Schnäppchen). Danach schlagen wir bei Spagetthi Vongole und rosa gebratenem Steak mit Pommes (wenn man schon im Schwimmbad isst…) zu. Es schmeckt so gut, dass wir sogar dem Koch die Hände schütteln. Zweimal.
Dazu erfundener Hashtag: #dolcevitaparexcellence
Man könnte noch viel mehr über Livigno erzählen und ich bin sicher, ich habe an den drei Tagen nur einen ersten Eindruck bekommen. Aber eins sollte man immer vorweg sagen: das Essen in Livigno ist im wahrsten Sinne des Wortes grenzgenial. Und dann erst kommt der Rest: die Berge, Skigebiete, gratis Verbindungsbusse, das italienische Lebensgefühl, etc. – also alles, was sich natürlich auch sehen lassen kann.
Mehr über die kulinarischen Höhenflüge (zu denen noch einige weitere Highlights zählen) in Livigno hier am Blog.
Livingo Anreise
Anreise: Mit dem Auto aus dem Norden über Landeck, Zernez im Engadin und den Tunnel Munt la Schera nach Livigno. Der Tunnel ist mautpflichtig (günstigere Tickets, wenn man online bucht). Er ist nur einspurig befahrbar, in der Hauptsaison samstags von 10-17h nur für ankommende Gäste geöffnet. Von Bormio aus ist der Ort über den Passo di Foscagno zu erreichen, mittlerweile auch im Winter. In den Sommermonaten ist auch die Straße aus dem Puschlav über die Forcola di Livigno geöffnet.
Öffentliche Anreise: Von Innsbruck aus gibt es Shuttle Busse, ansonsten fährt man aus dem Norden mit der Bahn bis Zernez im Engadin und von dort mit einem Taxishuttle oder dem Bus. Aus dem Süden fährt von Mailand die Bahn nach Tirano und ab hier fährt man mit dem Bus (über Bormio) weiter, im Sommer fährt die Rhätische Bahn bis Diavolezza und ab hier fährt der Bus.
Flughafen
Innsbruck: 180km
Zürich: 218 km
Mailand: 196km
Friedrichshafen: 211 km
PS: Pinn mich!