Last Updated on 04/01/2017 by Lea
„Moment mal. Sind das schon die Echten?“
Wir biegen auf dem erdigen Weg durch uns Eck, als wird 5 Krokodile vor uns liegen sehen. Sie sind schlamm-grau und wirken wie kleine Beton-Krododile. Sitzbänke, wie ein Zoo sie vielleicht aufstellen würde, um den Besuchern ein besseres Gefühl zu geben wie groß Krokodile wirklich sind. Dann könnte man auf ihnen rasten, während man durch eine Glaswand und zwei Elektrozäune hinweg die Krokodile beobachtet. So wäre das in Europa, aber wir sind hier in Gambia, dem kleinsten Land Gambias, mitten in Westafrika, umringt vom Senegal.
Verunsichert bleiben wir stehen und schauen erstmal ratlos die Einheimischen an, die nebenan bei einem Souvenirshop in Flipflops stehen. Sie winken uns näher. Noch hat sich keine der Krokodilstatuen bewegt.
„Yes, of course they are real“
Ehe wir uns versehen sind wir nicht nur von Krokodilen umringt – die gottseidank immer noch recht träge und gut gesättigt wirken- sondern auch von einigen „Guides“.
„Come closer, you can touch them. It’s for good luck, lady.“
Es ist absurd und surreal. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen von den Tieren so fern wie möglich zu bleiben. Aus mehreren Gründen. Erstens, Karma. Ich finde Krokodile hässlich. Die können das bestimmt riechen. Zweitens, sind die „Crocodile Pools“ in Gambia nicht nur bei ausländischen Touristen eine Top-Sehenswürdigkeit, sondern auch bei Einheimischen. Aus einem ganz anderen Grund allerdings. Die Gambianer glauben fest an die Superkräfte der großen Reptilien. Die Tiere bringen Glück, Frieden und helfen bei schwierigen Situationen im Leben. Auch Frauen, die Probleme haben schwanger zu werden, wird hier geholfen. Ein guter Grund den Tieren nicht zu nahe zu kommen. Falsch prüfen würde ich sie nur ungern, zu riskant erscheint mir das Spiel mit den geheimen Kräften.
Auf etwas weniger spiritueller Ebene, finde ich wilde Tiere sollen wilde Tiere bleiben. Affen werden nicht gestreichelt, Schlangen muss man sich nicht um den Hals wickeln und Papageien sollen auf Ästen, nicht auf Schultern, Platz nehmen. Ebenso, sollte vor Krokodilen ein angemessener Respektabstand gewahrt werden.
Aber Reisen heißt ja auch sich auf Neues einzulassen. Und hier am Katchakally Crocodile Pool erscheint mir das Beobachten und Tätscheln der Krokodile, wie die natürlichste Sache der Welt. Wer geht schon in einen Streichelzoo, wenn er nichts anfassen will? Ein Euro Eintritt hat der Spaß gekostet, dafür darf man auch mal ran an Charlie. Muss man fast, wozu sonst ist man schließlich hier.
Meet Charlie
Namen haben die Tiere keine. Nur einer. Der heißt Charlie. Charlie ist immer dabei, wenn Touristen vorbeikommen. Er ist das friedlichste und freundlichste der fast 100 Krokodile. die in dem kleinen Teich leben. Manchmal ist Charlie groß und dick, manchmal klein und schmal. Er ist eben wandelbar und nicht so leicht wieder zu erkennen für das europäische Auge. Das Gambianische Auge der Guides erkennt ihn aber immer sofort. Charlie hat eben Superkräfte, aber den Poolwächtern kann er nichts vormachen.
Ob schonmal etwas passiert ist, wollen wir wissen. Die Frage brennt förmlich auf den Lippen. Zwischen zwei der Tiere stehend, nimmt der Mut fast über. „Ja“ ist die ehrliche Antwort. Aber nur Touristen, die sich nicht an die Anweisungen der Guides gehalten haben. Also hören wir doppelt so gut seinen Erzählungen zu und sind auch gleich gewillt trotz Eintritt noch ein wenig Trinkgeld an den Bodyguard abzutreten.
Die Krokodilwärter geben alle breitwillig Auskunft. Das älteste Krokodil ist wohl um die 55 Jahre alt, die längsten stolze 5 Meter lang. Den Pool gibt es schon seit 500 Jahren hier und einmal im Jahr vor der Regenzeit wird er ausgelassen und gereinigt. Dabei müssen die Krokodile den Pool verlassen. Das machen sie aber ohnehin ab und zu. Um Eier in Löcher zu legen. Um Fisch zum Frühstück zu holen. Oder um mal einem der Nachbarn Hallo zu sagen. Die rufen dann beim Pool an und die entlaufenen Tiere werden wieder zurückgeholt.
Die Souvenirstände nebenan bieten alle möglichen Mitbringsel, wie wir sie schon von anderen Märkten kennen. Krokodil-Taschen und Schuhe sucht man allerdings vergeblich. Der Respekt gegenüber der Heilkraft der Tiere ist hier tatsächlich sehr hoch.
Als wir die Anlage verlassen fühle ich mich ein wenig von mir selbst verraten, alle meine Prinzipen so einfach über den Haufen geschmissen zu haben. Und ich bin auch Tage später noch fasziniert. Auch wenn ich Krokodile immer noch hässlich finde und auch zB nicht auf meinem geschnitzten Salatbesteck als Verzierung haben möchte (was übrigens bei Verkäufern in Gambia öfters Gelächter ausgerufen hat, wahrscheinlich in direkter Verbindung Krokodile-Kinder haben wollen, vermute ich), fühle ich mich trotzdem um ein Erlebnis reicher.
Offenlegung: ich wurde vom Gambia Tourism Board eingeladen, herzlichen Dank. Den Eintritt und somit mein Schicksal am Krokodil Pool hab ich übrigens selbst finanziert und bin auch jetzt noch froh über dieses Erlebnis.
Ja es ist einfach bezaubernd, das kleinste Land Africas. Gerade bin ich zurück von der ersten Reise. Ganz nette Leute, wenn auch die Armut,besonders im ländlichen Bereich nicht zu übersehen ist.Die Krokodile und der Affenwald haben mich begeistert genau wie die Taufe in einem muslimischen Dorf oder der Abend am Strand mit den Fischern und natürlich Musa, den 13-jährigen Jungen, den ich seit einigen Monaten unterstütze.