Drei alte Almen in einer Berglandschaft in Tirol

Last Updated on 15/09/2023 by Lea

Es gibt Momente im Alltag, an denen nur noch der Gedanke an den nächsten Urlaub Trost spendet. Die Flucht in die Natur, das Zurückfinden zur inneren Balance. Nicht immer ist der nächste Urlaub unmittelbar greifbar. Aber, es gibt aber einen kleinen Trick, den ich in den letzten 10 Jahren, in denen ich nun schon in Tirol lebe, gelernt habe: ab in die Wanderschuhe und einfach drauflosgehen.

Glücklicherweise ist es in Tirol nie weit bis zum nächsten Berg, zur nächsten schweißtreibenden Steigung und zum nächsten lohnenden Ausblick in eine fantastische Bergwelt. Gesagt, getan! Eine halbe Stunde später stapfe ich bereits durch den Wald, eine Stunde und 500 Höhenmeter später begrüßt mich eine Horde Schafe freudig auf der Alm. Heute sind die Wirtsleute nicht da, die Küche bleibt kalt, die Getränke im Selbstbedienungskühlschrank sorgen für Erfrischung. Kein Fitnesscenter der Welt könnte dieses Gefühl ersetzen. Danach geht es wieder zurück ins Tal. Bei jedem Schritt wird der Kopf leichter, die Füße schwerer und der Tag schöner. Alltag und Arbeit sind so fern wie sonst nie.

Kurzurlaub in den Bergen? Das geht selbst dann, wenn man hier wohnt. Willkommen in Tirol.

Alles Tirol? Nordtirol, Osttirol, Südtirol – eine Erklärung

Tirol ist eins der neun österreichischen Bundesländer und besteht aus zwei Teilen: Nord- und Osttirol. Nordtirol erstreckt sich zwischen dem Arlberg im Westen und dem Wilden Kaiser Gebirge im Osten. Südlich davon grenzt das geografisch abgekapselte Osttirol an Salzburg, Kärnten und Italien. Diese, etwas ungewöhnliche Abspaltung ist historisch bedingt.

Nach dem zweiten Weltkrieg ging Südtirol im Zuge des Vertrags von Saint-Germain an die Siegermacht Italien. Seither liegt die autonome italienische Provinz Südtirol zwischen den beiden österreichischen Teilen Tirols. Die kleinen, aber feinen Unterschiede entdeckt man am besten selbst auf ausgiebigen Erkundungsreisen. Und ganz unter uns: obwohl ich wahnsinnig gerne in Tirol lebe, Südtirol ist meine (gar nicht so heimliche) große Liebe.

Osttirol

In Osttirol findet man vor allem die raue Schönheit der ganz hohen Berge vor. Hier stehen die höchsten Gipfel des Landes und hier profitiert man mittlerweile davon, niemals so richtig im Geschäft mit dem Massentourismus angelangt zu sein. Mehr über Osttirol: In meinem Osttirol Reiseführer findet ihr jede Menge gute Tipps und Informationen für die Reiseplanung nach Osttirol.

Nordtirol

Nordtirol hingegen ist leider immer noch (und immer wieder, siehe Coronakrise und Ischgl) Opfer seiner eigenen Klischees. Früher waren die Berge für die Menschen eine Bürde von der viele Gefahren ausgingen, heute bringen sie Wohlstand und Tourismus. Beides wurde Tirol im Laufe der Jahrzehnte immer wieder selbst zum Verhängnis. Heute steuert man an vielen Orten bewusst dagegen und besinnt sich auf das, was auch den Einheimischen in Tirol immer wieder Kraft gibt: das Erleben von Sehnsuchtsorten in den Bergen. Ganz gleich, ob am Gipfel einer der über 500 Dreitausender, beim Abendspaziergang über blühende Almwiesen oder beim Schwimmen in einem der glasklaren Bergseen mit Trinkwasserqualität. Wer sich die Zeit nimmt, die Berge mit voller Aufmerksamkeit zu bestaunen, wird lange von diesen Momenten zehren können. Das dieses Gefühl süchtig machen kann, ist kein Geheimnis. Man findet es meist dort, wo Menschen sich selbst in ihrer Leidenschaft zu den Bergen verwirklichen.

Innsbruck: Die alpin urbane Hauptstadt

Als Ausgangspunkt für eine Tirol Reise eignet sich die Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck. Hier steht man mit einem Fuß in der malerischen Altstadt und mit dem anderen bereits in den Bergen. Das Beste aus zwei Welten könnte man sagen – und das wäre nicht gelogen.

Ausführliche Tipps für Innsbruck findet ihr hier:

Einzigartiges und Ungewöhnliches aus Tirol

Mit Tirol verhält es sich wie mit den Tirolern selbst: hat man erstmal die etwas harte Schale geknackt und den Entschlüsselungscode zum Dialekt gefunden, kann man gar nicht genug davon bekommen. Dennoch gilt: so vernarrt wie die Tiroler in ihre Berge sind: nicht jeder Tirol Urlaub muss sportlich sein.

Manchmal reicht es auch vom nächsten Winter zu träumen und dabei seine eigenen Skier zu bauen. Nachhaltigen Skibau in höchster Qualität hat die Marke SPURart in Innsbruck ins Leben gerufen. In Wochenendkursen wird in Werkstatt einer ehemaligen Metzgerei selbst Hand angelegt und die eigene Kreativität gefordert: der richtige Shape, die ideale Länge und vor allem das perfekte Design wollen bestimmt werden. Dann geht es ans Kanten biegen, laminieren, Intarsien legen und aussägen. Die fertigen Unikate sorgen, aus eigener Erfahrung, stets für Gesprächsstoff. Und sie sind vielleicht der schönste Grund, um in wenigen Monaten, wenn die Bergen mit Schnee bedeckt sind, wieder nach Tirol zurückzukehren.

SPURart werkstatt
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Herbstwanderungen in Tirol

Doch bevor es so weit ist, dass der erste Schnee fällt, laden im Herbst die gelb-rot leuchtenden Lärchenwälder zu den vielleicht schönsten Wanderungen des Jahres. Die Tiroler Version des „Indian Summers“ erlebt man Ende Oktober auf den Eulenwiesen im Stubai, am Mieminger Plateau oder auch am Ahornboden im Karwendelgebirge besonders schön.

Lesetipp: Die 10 schönsten Herbstwanderung in Tirol

Herbstwanderung zur Thaurer Pyramide, der Kaisersäule in Tirol

Die Tiroler Bergwelt erlebt man am besten zu Fuß. Hoch hinaus kommt man dank zahlreicher Seilbahnen, die auch im Sommer in Betrieb sind, auch ohne sportliche Ambitionen. Rundwege und Panoramawege sind meist eindeutige Indikatoren für viel Aussicht für wenig Mühe. Einer der schönsten befindet sich auf der Seegrube, direkt an der Nordkette bei Innsbruck. Eine hervorragende Familienwanderung zu einer ganz besonderen Alm findet man auch im Ötztal. Ausgerechnet in Sölden, wo im Winter Après-Ski zur Höchstform aufläuft, bieten Jakob und Daniela Prantl auf ihrer Gampe Thaya dem Massentourismus die Stirn. Nach der halbstündigen Wanderung erwarten einen hier fast ausschließlich selbstproduzierte Lebensmittel, Cola oder Fanta sucht man auf der Speisekarte vergeblich.

Must Eat: Tirol für Foodies

Fest steht: wer zu Fuß auf einer Alm ankommt, hat sich die kulinarische Belohnung redlich verdient. Und dabei lassen sich die Tiroler im Allgemeinen nicht lumpen: vom heiß begehrten Kaiserschmarrn, über Knödel und gefüllter Schlutzkrapfen aller Art bis hin zum Tiroler Gröstl ist alles dabei. Wer einmal auf den Geschmack der Tiroler Kaspressknödel gekommen ist, wird ihn garantiert nicht so schnell mehr vergessen. Dafür werden Semmelknödel mit Käse verfeinert, flachgedrückt und in heißem Fett knusprig gebraten. Keine leichte Kost, aber mit Sauerkraut, Salat oder Suppe eine göttliche Kombination, die man nicht verpassen sollte.

Original Tiroler Kaspress Knödel mit Salat Teller

Auf kleineren Almen schenkt man nach dem Essen (manchmal auch schon zur Begrüßung) gerne einen Schnaps aus. Besonders beliebt ist der rot leuchtende Zirbenschnaps, welcher aus jungen Zirbenzapfen angesetzt wird. Die Zirbelkiefer wächst ausschließlich in höheren Lagen, ab 1.300 Meter Seehöhe und wird mehrere hundert Jahre alt. Auf alten Bauernhöfen findet man oftmals noch urige Zirbenstuben, in Hotels sind Zirbenbetten der letzte Schrei. Wer ein Fläschchen Zirbenöl mit nach Hause nimmt, kann sich mit nur wenigen Tropfen in Sekundenschnelle zurück in die wilde Bergwelt Tirols beamen. Oder, zumindest in einen ruhigen Schlaf. Fast so, also wäre man gerade einen Tag lang durch die Bergwelt Tirols gestapft. Was könnte es Schöneres geben?

Leicht adaptierter Artikel, erstmals erschienen im ADAC Reisemagazin