Last Updated on 28/09/2015 by Lea

Ganz allein? Ganz allein. Die Idee kommt meistens nicht von irgendwo, aber es ist noch unklar wohin sie führt. Und dann bucht man und es nicht mehr nur eine Idee sondern eine Realität. Irgendwann, noch in ewiger Ferne, wird man an einem Strand sitzen und einfach nichts tun. Oder alles tun, was man sonst nicht tut. Ganz nach Belieben.

Und plötzlich steht im Kalender: Morgen. Abreise. Dann ist doch wieder alles schneller gekommen als gedacht und der Rucksack immer noch ungepackt. In einem Schub von Reisepanik wird das Zimmer auf den Kopf gestellt, die Stirnlampe aus der hintersten Lade hervorgekramt und der Schrank durchwühlt nach dem richtigen Bikini-Teil.

Einfach mal dasein. Und genießen.

Einfach mal dasein. Und genießen.

Stunden später steht der Rucksack dann gepackt neben einem großen Haufen an Kleidung und Krimskrams, das dann doch nicht mitdarf und wieder verräumt werden will. Mürrisch macht man das, schließlich will man es dann nicht machen, wenn man wiederkommt.

Der Abend bevor es losgeht. Für alle, die oft ihre Koffer packen, vielleicht Routine. Aber irgendwie auch nicht. Denn eins bliebt immer gleich: es erwartet einen das Unerwartete. Und das absichtlich. Man reist um die halbe Welt um überrascht zu werden und bereitet sich trotzdem so gut es geht darauf vor. Verrückt.

Was bleibt sind wenige Stunden bis zur Abreise. Meist in den frühen Morgenstunden. Vielleicht hat man jemand der einem den Koffer bis zum Bus rollt, einen Goodbye-küsst. Oder man hat niemand und torkelt schlaftrunken in Richtung Flughafen. Oder man feiert in den Abflug hinein, wissentlich, dass man diese Option später einmal bereuen wird. Später in einigen Stunden. Eigentlich macht es einige Tage später keinen Unterschied mehr, aber trotzdem ist es im Moment unglaublich wichtig.

Egal wie groß oder klein, ein Abschied ist und bleibt ein Abschied und irgendeine Form davon müssen wir wählen. Jemand wünscht uns eine gute Reise, wir lassen uns drücken. Beteuern, dass wir gut aufpassen werden. Und Spaß haben werden. Und nicht waghalsig uns in gefährliche Abenteuer stürzen werden. Und es genießen werden.

Und dann. Dann geht es los.

Was habe ich diesmal vergessen? Habe ich das Licht im Bad abgedreht- oder schlimmer noch: wird die Geschirrspülmaschine auch diesmal nicht plötzlich auslaufen?

Über den Wolken kommt es dann meistens recht klar raus – es geht nicht nur los, es geht auch weit weg. Die Vorfreude mischt sich, wenn man schon jetzt kleine Rückschläge auffangen muss. Ein Sitzplatz in mitten einer Jugend-Fußballmanschaft aus Dubai, die sich im Duty-Free wohl im Parfüm ertränken wollten ist eine. Mein Sitznachbar shaked zu seiner Musik, die trotz fetten Kopfhörern sich in meine mischt. Harvey Specter verzieht das Gesicht, genau wie ich.

Umsteigen. Erleichterung und Bewegungsfreiheit in Dubai. Für ein paar Stunden allerdings nur, dann geht es wieder los.

Irgendwo, zwischendurch und mittendrin.

Irgendwo, zwischendurch und mittendrin. Stop-over in Manila.

Obwohl der zweite Flug länger ist, vergeht er schneller. Es ist fast geschafft. Das letzte Stück der Reise beginnt an einem kleinen Terminal am Manila Flughafen. Abseits von allen anderen Terminals und unbekanntes Terrain für meinen Taxifahrer, der die Abzweigung verpasst.

Es ist eine dunkle Gasse in der er mich absetzt. Ich betrete einen kleinen Raum, mein Gepäck wird gescannt und dann werde ich von einer Hostess freundlich empfangen. 800 Pesos will sie für mein Übergepäck, dafür gibt es gratis Frühstück. Reissuppe oder Cornflakes. Das versöhnt.

Die Landung auf El Nido Airport verzögert sich. Wir warten auf ein Wetterloch. Doch in dem grauen Nebel da draußen ist keine Veränderung zu Verzeichnen. Der Pilot wagt es dann doch und setzt die Maschine bravourös auf die Ladebahn. Jetzt gibt es zu Erholung noch einmal ein Buffet.

Über den Wolken am Weg nach El Nido.

Über den Wolken am Weg nach El Nido.

Mein Fahrer wäre jetzt hier, meint die junge Dame in ordentlicher Hostess-Kleidung. Ein 16-jähriger Junge mit rosa Moped und einem Aufbau – ein Tricyle. Er steht auf Phil Collins und Gloria Gaynor, am liebsten laut. Im Schneckentempo hinken wir der Musik hinterher und düsen auf Hügel zu und lassen uns bergab rollen. Ich nehme das erste Guest House, dessen Zimmer ich mir anschaue. 10€ die Nacht, Fan – wenn es Strom gibt – und ein kleiner Balkon mit Blick auf die Baustelle nebenan. Gebaut wird hier in der Off-Season viel. Mit Holz. Und Nägeln. Zwei Dinge, die essentiell sind zu wissen für Herbergssuchende, wie sich herausstellt.

Zunächst ist alles neu. Und befremdlich. Obwohl es natürlich gewisse Ähnlichkeiten hat mit anderen Ländern in denen ich schon war. Siehe da, das Internet funktioniert. Strom gibt es sogar schon ab 2 am Nachmittag, anstatt – wie überall in den Reiseführern und Online-Foren steht erst ab 18 Uhr.

Das inne Bedürfnis mich mitzuteilen kommt auf. Niemand da. Aber im Internet ist gottseidank immer irgendwer. Wäre ich jetzt zu zweit, würde es wohl abgeschaltet bleiben. Aber so ganz alleine. Irgendwer soll doch wissen was ich hier erlebe. Und sehe.

Ich dusche und wechsle in meinen Backpacker-Look. Bändchen am Arm, am Fuß und das Hippie-Top. Die lange Hose – wie ich gleich lernen werde – ist zu Monsun-Zeiten eher ein Hindernis, wenn der Regen mal wieder unerwartet stark vom Himmel sich ergießt.

Monsun-Regen im September.

Monsun-Regen im September.

Eigentlich sollte es im Moment gar nicht regnen, oder nicht so viel. Selbst die Einheimischen sind überrascht. Aber nur sehr sekundär, jeder geht seinem Business-as-usual nach. Ein großer Teil davon, wie mir scheint, ist es auf irgendwelchen Stufen herumzusitzen. Alle sind sie freundlich. Und haben Zeit. Für sich und auch für mich, wie sie mit lauten Rufen klar stellen. Aber sie sind nicht beharrlich oder aufdringlich. Ein Angebot, das mit einem Kopfschütteln aus dem Wind geschlagen wird, wird akzeptiert.

Jemand hat mir mal gesagt, dass die Seele mit 70km/h reist. Also bin ich für die nächste Zeit wohl seelenlos. Das kommt mit dem Beruf. Ein wenig rastlos bin ich auch. So einfach ist es nicht wirklich anzukommen.

Hallo Backpacker-Leben.

Hallo Backpacker-Leben.

Die krassen Regengüsse am Abend machen meinen Plan zu nichte, in einer der Strandbars nach anderen Reisenden zu suchen. „Hi, how are you? Where’re you from…“ die eingebrannten Formeln des Kennenlernens. Sie haben sich tief verankert, bei allen die schon einmal erlebt haben, was es heißt lange alleine zu reisen. Es sind Erste-Hilfe und Schutzmaßnahmen um eben nicht alleine zu sein.

Für heute bin ich nun doch. Harvey Specter lächelt. Mitten in der Nacht werde ich wach. Unglaublich wach. Der Jetlag macht eben was er will. Womit er nicht gerechnet hat, ist dass ich auch machen kann was ich will. Ha. Inzwischen gibt es Strom und ich stecke meine Kamera ans Ladegerät und setze mich auf den Balkon mit meinem Handy. Mal schauen was zuhause so geht. Ein Impuls, den man alleine erst später ablegt, loslassen ist eben auch nicht so einfach.

Und plötzlich macht’s Zoom. 3 Uhr Früh. So war das mit dem Strom im Reiseführer und in den Online-Foren nicht ausgemacht. Also sitze ich nun im Stockdunkeln und frage mich wo genau ich die Stirnlampe nun hingepackt habe. Und wo überhaupt der Rucksack im Zimmer verstaut ist. Und dann werden plötzlich die Silhouetten der steilen Felsen am Rande des Ortes deutlich. Sie reichen sich im Schwarz der Nacht ganz leicht ab, der neue Morgen kommt durch. Noch in weiter Ferne. Und er verspricht all das, auf das ich mich gefreut habe.

Ob ich nun angekommen bin? Vielleicht. Aber auf jeden Fall bin ich dabei. Wer sagt denn, dass man sofort ankommen muss. Oder, dass es nicht mindestens genau so schön ist anzukommen, wie angekommen zu sein. Oder etwa nicht?

Schön da, nicht?

Schön da, nicht?

Wer sich über den Titel wundert, liest man besten mal hier über die Anspielung nach.