Last Updated on 08/10/2019 by Lea
Ein Uniabschluss. Eine Karriere. Heiraten. Eine Familie gründen. Es gibt so vieles im Leben, was man irgendwann getan haben sollte. Oder was die meisten von uns irgendwann einmal machen möchte. Was meistens auch dabei ist: der Traum vom Reisen. Eine Weltreise.
Es ist nicht leicht den richtigen Zeitpunkt dafür zu finden. Den richtigen Reisepartner. Die richtige Lücke im Leben. Viele Reisende, die ich getroffen habe, haben an einem Punkt in ihrem Leben beschlossen zu reisen, als etwas vorbei war. Eine Ausbildung, ein Job, eine Beziehung. Für mich ist Reisen eine Form der Weiterbildung. Ein Lernen ausserhalb des Lehrsaales oder des Bürosessels. Es sind Erfahrungen, die einen in verhältnismäßig kurzer Zeit prägen.
Für mich war es eine Mischung aus allem und vor allem die überwiegende Lust die Welt zu sehen. Und zu sehen ob ich es schaffen würde. Alleine. Alleine da draussen in der Welt.
Das ist nun bereits ein paar Jahre her. Die Reaktion anderer, wenn ich davon erzähle ist jedoch immer noch die gleiche. Erst kommt die Bewunderung, dann die Fragen. Wer einmal für mehrere Monate um die Welt gereist ist, kennt diese Fragen nur zu gut.
Wie war’s? Wo warst du? Wo war es am Schönsten?
Seitdem ich wieder zurück bin sind vier Jahre vergangen, in denen sich viel getan hat. In denen ich andere tolle Reisen gemacht habe und trotzdem – die Erinnerungen an meine acht Monate alleine mit meinem Rucksack durch die Welt zu reisen werden immer wieder wach gerufen. Ich ertappe mich selbst dabei, wie ich anfange zu schwärmen. Über die Menschen, die ich kennengelernt habe, zu denen ich großteils den Kontakt verloren habe (oder nie wieder gesucht habe), die meine Reise aber für mich so einzigartig gemacht haben. Und natürlich die Länder, die großen, die kleinen, die schönsten und die, aus denen ich schneller wieder abgereist bin, als ich gedacht hätte.
Wo denn nun?
Von Jänner bis September bin ich gereist, 14 Länder habe ich gesehen, 20 Mal bin ins Flugzeug gestiegen, 14 mal in einen Nachtbus, 5 Mal in einen Nachtzug, sagt die kleine Statistik am Buchrücken meines Tagebuches. London, Kalifornien, Mexiko, Neuseeland, Samoa, Australien, Thailand, Vietnam, Kambodscha, Laos, Burma, Malaysien, Indonesien, Singapur. Rückblickend betrachtet war das natürlich viel zu viel in zu kurzer Zeit. Aber ich wollte einfach alles sehen, was mein Budget erlaubte.
6 Sim Karten, 2 neue Kreditkarten, 3 Heiratsanträge, 23 Tauchgänge, 36 geschriebene Postkarten, 32 verschickte Postkarten (4 liegen wohl noch bei einem Burmesischen General zuhause) und 3 geschriebene und 2 verschickte Briefe stehen in meiner Statistik. Einige zusätzliche Kilos auf der Gepäckswaage und auf den Knochen. Und ein großer Unwille, mich wieder an den Alltag in der Heimat anzupassen. 3 Tagebücher und unzählige Geschichten, die teils immer noch nicht erzählt worden sind. Eine Geschichte ist immerhin inzwischen als Kurzgeschichte erschienen.
Wie war’s es?
Es war natürlich toll. Niemand reist 8 Monate durch die Welt um heimzukehren und zu erzählen, dass es überall auf der Welt schlecht ist. Aber, es war auch nicht überall toll. Mit Lebensmittelvergiftung in Palm Springs im Motel zu liegen war zum Beispiel definitiv nicht toll. Mein Ausflug nach Tijuana im Jänner 2009 als nur eine Woche zuvor eine Bande Touristen enthauptet hat auf der Hauptstrasse der mexikanischen Grenzstadt war auch nicht toll. Aufregend war es, aber keine 10 Pferde könnten mich wieder dorthin bewegen. In Samoa überraschte uns eine Tsunamiwarnung, die gut für uns ausging. Ein tolles Gefühl nicht zu wissen was nun passiert und ob man nun packen, rennen oder einfach mal abwarten sollte, war es trotzdem nicht.
War es hart alleine zu reisen? Ja. Und nein. Denn die meiste Zeit war ich nicht alleine, man trifft immer irgendwo wen mit dem man sich versteht und einige Tage zusammen reist. Ein Verhaltensmuster, das sich gegen Ende meiner Reise so tief eingebrannt hat, dass ich wieder zuhause in der U-Bahn fast verleitet war meine Sitznachbarn zu fragen wohin sie heut so fahren. Der beste Gesprächsanfang. Und ja nie nach Namen fragen, die vergisst man sowieso wieder. Wenn doch, dann erst sobald klar ist, dass man mehr als die nächsten drei Stunden gemeinsam im Bus durchgerüttelt zu werden vor sich hat.
Und wo war’s am Schönsten?
Drei Länder sind mir besonders in Erinnerung geblieben: Samoa, Burma und auf Sulawesi in Indonesien. Das waren damals bei weitem die am wenigsten touristischsten Destinationen und hatte das Gefühl etwas zu erleben, was nicht jeder Tourist im Stundentakt hier erlebt. Es sind auch immer noch die drei Länder, bei denen ich ins Schwärmen kommen und die ich eines Tages wieder besuchen möchte.
Samoa: (Westlich Samoa, nicht zu verwechseln mit Amerikanisch Samoa)
2009 war Samoa noch die Inselgruppe, auf der man die letzten Sonnenstrahlen des Tages zu Gesicht bekommen hat. 2011 ist das Land aus wirtschaftlichen Gründen auf die andere Seite der Zeitzone gesprungen – nun kann man dort als erstes den neuen Tag erleben. Klingt auch gut in meinen Ohren. Die Unterkünft sind einfache, offene Holzhütten am Strand, das Essen gut, aber die Vielfalt eingeschränkt. Ringsum die Inseln liegt ein Korallenriff – wer keinen Schnorchel einpackt ist selbst schuld. 98,5 % der Einwohner sind christlich, glauben aber auch an jede Menge Geister. Innerhalb der Dörfer besteht ein großer Familienzusammenhalt und die natürliche Zeit ist „Island Time“. „Kommt morgen ein Bus um 8?“ „Vielleicht ja, vielleicht auch früher, vielleicht später, vielleicht morgen auch gar nicht.“ – Es ist nicht leicht zu planen und wenn man etwas planen möchte, sollte man einen guten Zeitpuffer einplanen. Samoa war auch das einzige Land in dem ich je mit einem handgeschrieben Zettel ein Flugzeug boarden könnte zurück nach Neuseeland, das Computersystem war über Tage einfach komplett ausgefallen.
Burma: In Burma wurde ich mit einer Herzlichkeit empfangen, die ich noch nie erlebt habe. Bedachte, gescheite Menschen, die unter dem Militärregime leiden, ihr Leid aber in lange Geschichten verpacken und sich gerne austauschen. In Rangoon bin ich vier Stunden durch die Stadt spaziert, ohne einen einzigen anderen Touristen zu entdecken, die „Our Picks“ des Lonely Planets waren meist leer und die Tempel von Bagan etwas verwüstet und unbesucht. Zum Sonnenuntergang konnte jeder einen eigenen sich suchen. Ich habe in knapp vier Wochen, 450 USD ausgegeben, heute kommt man damit nicht weit, aber ich bin sicher das Land und seine Leute brauchen die Touristen.
Sulawesi: Als ich meinen Flug nach Manado, die Stadt im Norden der indonesischen Insel buchte, wusste ich noch nicht einmal wo die Stadt liegt. Aus 3-4 Tagen auf den Togean Islands (Kadidiri) wurden 11. Es herrschte Internetlosigkeit, das Handynetz funktionierte nicht, keine Bankomaten, keine Supermärkte, kein gar nichts. Alles was es gab war das Meer, eine gute Bibliothek und Boote, die einen mehrmals täglich wenn man wollte (und es sich leisten konnte) zum Tauchen hinausfuhren. „Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf dem Sonnendeck. Oder im Aquarium“
Für mich war es an diesen drei Orten am Schönsten. Für euch vielleicht nicht, oder nicht mehr. Wer es aber wissen, kann ab sofort hier nachlesen. Und träumen. Und am besten selbst seine sieben Sachen -vielleicht auch zwei, drei weniger, dann bleibt mehr Platz für Neues- packen und losreisen.
Und was ist nun von all dem geblieben?
Geblieben ist das Gewissen, dass ich es kann. Ich kann alleine um die Welt reisen, ich bin sogar ganz gut darin. Und vielleicht werde ich eines Tages mal wieder länger reisen. Aber ich möchte mir Zeit dafür nehmen, tiefer eintauchen und länger an einem Ort bleiben. Wer die Welt vom Fenster eines Buses aus gesehen hat, hat den Großteil eben verpasst.
Geblieben ist auch die Sehnsucht nach dem Gefühl der Freiheit in irgendeinem Land, an irgendeinem Strand zu sitzen und von einem Tag in den nächsten zu leben.
Und die Erinnerung an eine tolle Zeit. Eine Erinnerung, die ich nicht missen und eine Zeit, die ich nicht anders verbringen hätte wollen. Aber auch eine Erinnerung an mich selbst, dass Reisen genauso Kopfsache ist und manche Reisen im Leben auch anders aussehen können.
Tolle Eindrücke, die du in diesem Beitrag vermittelst. Vor allem die Fotos aus deinem Reise-Notizbuch finde ich spannend! Wo gibt’s denn die Kurzgeschichte zu lesen?
Für mich und meine Freundin geht es in einem halben Jahr los, eine 5-6 monatige Weltreise ist geplant und ich zweifle jetzt schon, ob sich alles ausgehen wird, was wir uns zuletzt vorgenommen haben.
Ich fnde es außerdem bemerkenswert, dass du alleine losgezogen bist. Ich hätte das wohl auch gemacht, bin aber ehrlich gesagt ganz froh darüber, dass es sich nun doch anders ergeben hat.
Liebe Grüße,
Flo
„Kurze Reisen bringen viele neue Weltbilder“ stand einst auf einem Glückskeks, den ich öffnete, genau an dem Tag, als ich mein Bachelor-Zeugnis in den Händen hielt.
Ich reise für mein Leben gern und im August 2013 habe ich mir einen großen Traum erfüllt. Ich habe in Las Vegas geheiratet und zusammen mit meinem Mann einen Road Trip quer durch die USA gemacht. In diesem Zusammenhang ist auch mein Reiseblog entstanden. Eine schöne Erinnerung an all unsere tollen Abenteuer. Ich freue mich schon jetzt auf weitere inspirierende Reisen rund um den Globus.